Das Projekt

Hintergrund

Die neurowissenschaftliche Forschung liefert kontinuierlich neue Erkenntnisse zu Struktur und Funktion des menschlichen Gehirns. Sie trägt dazu bei, menschliche Entscheidungen, Verhaltensweisen, Emotionen und soziale Interaktionen besser zu verstehen. Innovationen in diesem Bereich haben aber auch ein hohes Nutzungspotenzial für Diagnose und Therapie verschiedener neurologischer oder psychiatrischer Erkrankungen. Die aktuelle Forschung beschäftigt sich seit einiger Zeit vor allem intensiv mit der Nutzung verschiedener Biomarker (z. B. Blutwerte) zur Identifizierung neurologischer Erkrankungen wie Alzheimer. Jedoch sind neue Diagnosemöglichkeiten auch mit Risiken verbunden, da ihre Anwendung das menschliche Wesen und unsere Entscheidungen beeinflussen können. Es ist daher wichtig, Chancen und Risiken, die sich aus dem technischen und methodischen Fortschritt ergeben, zu identifizieren und zu bewerten.

Das Projekt PREPARE ist Teil der BMBF-Förderrichtlinie zur Förderung von Forschungsprojekten zu ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten der Neurowissenschaften. Ziel dieser Maßnahme ist es, die ethischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Implikationen in den Neurowissenschaften zu identifizieren. Der Stand des Wissens wird erweitert und somit ist die wissenschaftliche Grundlage für einen informierten gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurs gelegt.

Forschungsziele

Die prodromale und präklinische Identifizierung neurologischer Erkrankungen wie Alzheimer über ätiologische Biomarker, einschließlich Blutmarker, wird derzeit erforscht. Vor ihrer Anwendung in der Primärversorgung, sind das klinische und persönliche Nutzen-Schaden-Verhältnis im Kontext der präventiven und therapeutischen Optionen sowie mögliche psychosoziale Auswirkungen, wie Stigmatisierung, festzustellen.

Der Verbund PREPARE wird ethische, normative und gesellschaftliche Auswirkungen der Alzheimer-Risikobewertung reflektieren. PREPARE soll dabei in vier Teilprojekten insbesondere empirische Erkenntnisse über die spezifischen Einstellungen, Bedürfnisse und Erwartungen von Hausärztinnen und Hausärzten als auch von Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen erheben und auswerten. Dabei wird u. a. gefragt: Welche Einstellungen, Kommunikationsbedürfnisse, Erfahrungen und welches Wissen haben Hausärztinnen und Hausärzte sowie Betroffene und deren Angehörige hinsichtlich der Ermittlung eines Alzheimer-Risikos? Welche ethischen Implikationen ergeben sich aus verschiedenen Zukunftsszenarien zum Einsatz von Biomarkern? Wie gut unterstützt die Kommunikation von Alzheimer-Risiken informierte Testentscheidungen Betroffener?

Methodik

Dazu werden Einstellungen, Informationsbedarfe sowie Risiko- und Gesundheitskompetenzen sowohl von Hausärztinnen und Hausärzten als auch von Betroffenen und Angehörigen mittels Fragebogen und Interviews erhoben. Verschiedene Zukunftsszenarien, wie die Alzheimer-Risikobewertung in der deutschen Primärversorgung unter Berücksichtigung pluralistischer Orientierungen sowie sozialer, wirtschaftlicher und rechtlicher Faktoren, werden ethisch reflektiert.

Geplante Forschungsergebnisse

Im Rahmen des Projekts werden mithilfe einer Risikokommunikationsanalyse sowie einer Sprachanalyse, die auf Entstigmatisierung abzielt, Kommunikationsleitfäden, digitale Ressourcen und praktische PREPARE Materialien für die medizinische Grundversorgung entwickelt. Visuelle Materialien und Erklärvideos werden auf dieser Projektwebiste bereitgestellt und sollen sollen auch ein Laienpublikum informieren.

Ein entwickeltes Risikokommunikationsinstrument soll Kommunikatoren befähigen, relevante Informationen auf ausgewogene und transparente Weise zu präsentieren, so dass Patientinnen und Patienten die potentiellen Folgen von Biomarker-Tests abwägen und eine informierte Entscheidung treffen können. Dabei werden sowohl eine begrenzte Risikokompetenz, als auch spezifische Bedürfnisse und begrenzte technische Fähigkeiten von Menschen berücksichtigt. Die Entwicklung des Tools basiert auf technischen Vorarbeiten in Form einer Prototypentwicklung zur Vermittlung klinischer Scoring-Modelle an fachfremde Personen.

Die Teilprojekte

In diesem TP entwickeln wir zunächst eine ethische Bewertung verschiedener Screening-/Risikovorhersage-Szenarien für die Zukunft. Die durch die Entwicklung der Szenarien gesammelten Informationen können Entscheidungsträger*innen wichtige Erkenntnisse liefern. Die interaktive Szenarienerstellung und -bewertung wird in verschiedenen Schritten durch Protokolle und grafische Aufzeichnungen dokumentiert. Die Ergebnisse werden in Form eines Peer-Reviewed Artikels sowie einer laienorientierten Zusammenfassung auf dieser Website veröffentlicht.

In TP2 werden wir mithilfe empirischer Forschung ein komplexes Bündel von Wissen und Einstellungen von Hausärzt*innen mittels Online-Survey untersuchen. Dazu gehören ihre Überzeugungen, Kommunikationsbarrieren, Risikokompetenz und Einstellungen zur Frühdiagnose auf der Grundlage von Behandlungsoptionen, Versorgungsleistungen, wahrgenommenen Vorteilen, aktueller Patientennachfrage und anderen Elementen, die die Einstellung von Hausärzt*innen beeinflussen. Diese können in verschiedenen Kontexten variieren, die Analyse der Einstellungen und der Nachhaltigkeit der Umsetzung muss möglicherweise stratifiziert werden.

In TP3 werden wir mithilfe einer papier-basierten Umfrage mit Patient*innen und Angehörigen bisherige Erfahrungen und aktuelle Bedürfnisse im Kontext von Risikoverständnis bzw. Risikokompetenz bewerten. Darüber hinaus werden wir die moralische Einstellung von Patient*innen und ihren Angehörigen gegenüber der Stigmatisierung von Demenz beurteilen. Dabei sollen unterschiedliche Einstellungen zu biomarkerbasierter Diagnostik, der Einfluss von Soziodemografie, Krankheitserfahrung, Pflegeerfahrung, Lebensstilaspekten und Kommunikationsbedürfnissen und -präferenzen untersucht werden. Für dieses Verbundprojekt werden wir nur Patient*innen unterhalb des Stadiums einer mittelschweren Demenz einbeziehen, d.h. Patient*innen, die voll geschäftsfähig und in der Lage sind, eine informierte Einwilligung zu geben.

Um die Entwicklung des Online-Tools zur personalisierten Risikovorhersage in diesem TP4 umzusetzen, werden zunächst ein Backend (Server und Datenbanken) sowie ein redaktionelles Frontend mittels Implementierung von Test-Risikomodellen, erstellt. Für das notwendige Anwender-Frontend zur Arzt-Patienten-Interaktion wird neben evidenzbasierten Präsentationsprinzipien die wissenschaftliche Pilotierung mit Nutzergruppen (andere TPs) eingesetzt, um zielgruppen- und versorgungsgerecht zu implementieren.